Die Fastenzeit beginnt. Für viele Menschen ist das ein Grund, auf etwas zu verzichten – sei es Fleisch, Alkohol oder Zucker. Doch was bewirkt dieser Verzicht überhaupt?
40 Tage in der Wüste
Die Fastenzeit ist schon so alt wie die großen Weltreligionen selbst. Im Christentum beruht sie auf den Überlieferungen von einer Reise Jesu, der 40 Tage in der Wüste verbrachte. Die frühesten dieser Schriften stammen aus dem vierten Jahrhundert, aber seitdem hat sich der Fastenbegriff ein wenig gewandelt. Im frühen Mittelalter war während der Fastenzeit nur eine Mahlzeit am Tag erlaubt – Alkohol, Fleisch und alle anderen tierischen Produkte waren verboten. Erst in der Mitte des 16. Jahrhunderts lockerte die Kirche die strengen Regeln. Es blieb beim einfachen Fleischverzicht. Fisch, Mehlspeisen und Vegetarisches waren der Ersatz.
Heutzutage legen die meisten Menschen selbst fest, auf was sie verzichten wollen. Umfragen zufolge entscheiden sich fast drei Viertel aller Deutschen dabei für Alkohol oder Süßigkeiten.
WHO rät zu 25 Gramm pro Tag
Dass vor allem der Zuckerverzicht dabei positive Auswirkungen auf die Gesundheit hat, ist kein Geheimnis. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt an, dass Erwachsene und Kinder ihren Konsum von „freiem Zucker“ auf weniger als zehn Prozent ihres täglichen Energiebedarfs reduzieren sollten. Umgerechnet wären das etwa 50 Gramm. Noch besser wäre eine Reduzierung auf 25 Gramm. „Wir haben feste Beweise dafür, dass eine derartige Reduzierung des Zuckerkonsums die Risiken für Übergewicht, Fettleibigkeit und Zahnverfall drastisch reduziert“, sagt Dr. Francesco Branca, Direktor des WHO Department of Nutrition for Health and Development, in einer Pressemeldung dazu.
Dabei lässt die WHO natürlichen Zucker, wie er in frischen Früchten, Gemüse und Milch vorkommt, außen vor – für diesen liegen keine negativen Daten vor. Stattdessen ist viel Zucker in verarbeiteten Nahrungsmitteln „versteckt“, zum Beispiel in Ketchup. Ein Esslöffel Ketchup enthält etwa vier Gramm an sogenannten freien Zuckern.
Möge der Saft mit Euch sein
Ein weiteres „trojanisches Pferd“ sind zuckerhaltige Getränke. Sie liefern durch den zugesetzten Zucker viel Energie, dafür aber oftmals kaum bis keine Nährstoffe. Ernährungswissenschaftler und Ärzte setzen sich daher für eine Zuckersteuer in Deutschland ein, um den Konsum zu reduzieren. Wie der NDR berichtete, gibt es in anderen Ländern (etwa Irland oder Belgien) seit Jahren eine Zuckersteuer, die einen entsprechenden Effekt bewirken konnte. In Großbritannien hat die 2018 eingeführte Steuer dazu geführt, den durchschnittlichen Zuckerkonsum in Getränken um 30 Prozent zu reduzieren.
Zum Vergleich: Dem US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) sind zuckerhaltige Getränke der Haupttäter, was den Konsum von verstecktem Zucker angeht. Dies wiederum führt zu Gewichtszunahme, Typ-2-Diabetes, Herzkrankheiten, Leberkrankheiten, Zahnverfall und Arthritis.
Zuckerentzug
Damit scheint also klar, was erhöhter Zuckerkonsum bewirkt – doch was, wenn man vom einen auf den nächsten Tag auf Zucker verzichtet? Für die WHO ist der Fall klar: Es seien keine negativen Folgen eines radikalen Verzichts bekannt. Die BBC listet dagegen unter anderem Kopfschmerzen, Ermüdungserscheinungen und Stimmungsschwankungen als typische Symptome für einen plötzlichen Zuckerentzug. Die Ursache dafür ist jedoch noch nicht exzessiv erforscht.
Eine süße Belohnung
Experten gehen davon aus, dass eine Art Belohnungsreaktion des Gehirns dafür verantwortlich ist. Haushaltszucker, auch bekannt als Saccharose, aktiviert eine bestimmte Gruppe von Geschmacksnerven, die daraufhin für eine Ausschüttung von Dopamin im Gehirn sorgen. Dieses wird unter anderem bei Belohnung und Befriedigung ausgeschüttet, was im Endeffekt dafür sorgt, dass wir bestimmte Verhaltensweisen wiederholen, um eine erneute Dopaminausschüttung zu erzielen. Junk-Food beispielsweise löst ähnliche Empfindungen aus.
Dass eine plötzlicher Entzug als negativ wahrgenommene Folgen hat, kann daher kaum verwundern. Die BBC spricht hier auch von mentalen und physischen Symptomen, die weiterhin Depression, Unwohlsein und „Gehirnnebel“ umfassen. Allerdings müsse man nur die ersten paar Wochen durchhalten – danach verschwänden diese Symptome.
All das zeigt im Zusammenhang mit der Fastenzeit: Wer tatsächlich langfristig gesünder leben möchte, der sollte nicht unbedingt beim Süßigkeitenverzicht bleiben, sondern auch weitere Veränderungen im Ernährungsplan vornehmen – auch, wenn dieser Verzicht ein guter Startpunkt ist.
Titelbild: © Вероника Зеленина / stock.adobe.com