100 Jahre R+V – im letzten Jahrhundert hat die R+V gewaltige Umwälzungen mit- und überlebt. Welche wichtigen Meilensteine pflastern ihren Weg? Wir werfen einen Blick auf die signifikantesten Eckpunkte in der Unternehmensgeschichte.
Hilfe, damit sie sich selbst helfen
Wenn es um die Geschichte von R+V geht, führt kein Weg an Friedrich Wilhelm Raiffeisen (geboren 1818) vorbei. Raiffeisen gilt wegen der von ihm initiierten Darlehenskassenvereine als Pionier des neuzeitlichen ländlichen Genossenschaftswesens. Auch wenn er nicht der Gründer der R+V ist, so kann man ihn als geistigen Vater und Vordenker bezeichnen. Nachdem die Familie seiner Mutter über mehrere Generationen hinweg immer neue Bürgermeister im Gebiet Hamm stellte, konnte es nicht verwundern, dass auch Friedrich Wilhelm in der Politik landete. Dabei legte er großen Wert auf soziale Fragen. In Neuwied ließ er einen Wohltätigkeitsverein in den „Heddesdorfer Darlehenskassen-Verein“ umgründen, was ihn zum „Urtyp der Raiffeisen’schen Darlehenskassen-Vereine“ machte. Schon bald entstanden überall in Deutschland ähnliche Vereine.
„Einer für alle, alle für einen. In meinen Augen bedeutet das Genossenschaft.“
Elena Viktoria Strub, R+V Lebensversicherung
Hermanns helfendes Händchen fürs Handwerk
Einen ähnlichen Hintergrund hatte Hermann Schulze-Delitzsch (geboren 1808). Als Sohn des Bürgermeisters von Delitzsch wuchs Hermann in einer gutbürgerlichen Familie auf. Mit 30 Jahren wurde er zum Oberlandesgerichtsassessor bestimmt und sorgte sich schon bald um die Nöte der kleinen Handwerksbetriebe. Während seiner Arbeit in der Preußischen Nationalversammlung begriff er, dass die Situation des Handwerks nur verbessert werden konnte, wenn sie sich zu Genossenschaften zusammenschlossen. Aus seinen Vorschuss- und Kreditvereinen entstanden die späteren Volksbanken.
Beide Männer hingen der Idee nach, dass Menschen sich frei von staatlicher Bevormundung versichern und Darlehen erhalten können sollten.
Eine Fusion mit Zukunft
Nachdem beide Urväter der R+V in den Achtzigerjahren des 19. Jahrhunderts starben, sollte es noch eine Weile dauern, bis am 15. September 1922 die Raiffeisen Allgemeine Versicherungsgesellschaft a.G. und die Raiffeisen Lebensversicherungsbank a.G das Licht der Welt erblickten. Bis heute bilden sie den Kern des Unternehmens. Zehn Jahre nach dieser Gründung schließt sich die Raiffeisen Versicherung mit der Regeno Versicherung (in der Weimarer Republik eine Abkürzung für „Reichsgenosse“) zur Regeno-Raiffeisen Versicherung zusammen.
Gleichschaltung
Kaum übernahmen die Nationalsozialisten in Deutschland die Macht, sah sich die Regeno-Raiffeisen-Versicherung der Gleichschaltung ausgesetzt. Ab 1934 musste sie als „Deutscher Bauerndienst“ weiterarbeiten; der Schwerpunkt lag klar auf der Landwirtschaft. Aus Genossenschaftlern wurden „Volksgenossen“, der Gemeinschaftsgedanke verzerrt im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie. Allerdings bringt die „Blut und Boden“-Ideologie des neuen Regimes einen wirtschaftlichen Aufschwung für die Bauern mit sich. Und damit auch für die Agrarversicherung. Während der 1930er-Jahre übernimmt der Bauerndienst etliche Tierversicherer. Im Jahr 1943 zerstört ein alliierter Luftangriff die Zentrale in Berlin komplett, fast alle Geschäftsunterlagen gehen verloren.
R+V im Wirtschaftswunder
Nach dem zweiten Weltkrieg und der Kapitulation der Wehrmacht teilen die Besatzungsmächte Deutschland unter sich auf. Wer die sowjetischen Besatzer im Osten Neugründungen von genossenschaftlichen Versicherern ablehnt, entscheidet sich die R+V zur Umorientierung. Der neue Sitz befindet sich im hessischen Niederwalluf. Weil die drei Westzonen immer mehr an Bedeutung gewinnen, gründet die R+V 1948 die „Direktion West“ in Wiesbaden. Im Zuge des deutschen Wirtschaftswunders kommen die Deutschen zu immer mehr Wohlstand, gleichzeitig treibt der VW Käfer bei der nun als Raiffeisendienst Versicherungsgesellschaften firmierenden Gesellschaft die Umsatzzahlen hoch.
Der Meilenstein
Und schließlich kommt es, wie es kommen musste: Der Raiffeisendienst kooperiert ab 1958 mit den Volksbanken. Die Geburt der R+V als Verbundunternehmen schuf die Grundlage für massives Wachstum. Ab 1973 nennt sich das Unternehmen „Raiffeisen- und Volksbanken-Versicherung“, kurz R+V.
Im zweiten Teil der Serie wird es darum gehen, wie die R+V den Mauerfall und den Jahrtausendwechsel erlebte. Und im Video führt der Historiker Professor Guido Knopp Interessierte durch die Geschichte der R+V.
Titelbild: © R+V