Trends & Tipps„Wir wollen unsere Mitarbeiter überzeugen, nicht überreden“

„Wir wollen unsere Mitarbeiter überzeugen, nicht überreden“

Wie kommt man jetzt und in Zukunft am besten ins Büro und zu den Kundenterminen? Bei der R+V Gruppe setzt sich Hannes Davieds, Leiter Mobilitätsmanagement und Vorstandsfahrdienst, mit diesen Fragen auseinander.

Elektromobilität, Lastenfahrräder, Carsharing oder Bahnfahren: Mobilität hat viele Facetten, die oft kontrovers diskutiert werden. Dieses Jahr ist laut Statista die Anzahl der zugelassenen Elektroautos in Deutschland stark gestiegen. Im September hat ihr Anteil an den Neuzulassungen einen Höchstwert erreicht – das zeigen laut Zeit die Zahlen des Kraftfahrtbundesamts. 17,1 Prozent waren demnach batterieelektrische Autos, 12,7 Prozent Plug-in-Hybride.

„Es gibt gerade einen gewaltigen Hype um Elektromobilität“

Bei der R+V Gruppe stehen nachhaltige Mobilitätsangebote schon lange im Fokus. Hannes Davieds erklärt im Interview, welche Angebote es für Mitarbeiter gibt und welche Pläne es für die Zukunft gibt.

Redaktion: Herr Davieds, Sie sind Leiter des Mobilitätsmanagements und Vorstandsfahrdienstes bei der R+V Gruppe – was sind Ihre Aufgaben?

Hannes Davieds: Das Mobilitätsmanagement umfasst alle Mobilitätsangebote der R+V. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Mitarbeitermobilität. Wie kommen unsere Mitarbeiter zu ihrem Arbeitsplatz oder Dienstterminen und gibt es dafür angemessene Angebote? Wie können wir sie dabei unterstützen? Darüber hinaus organisieren wir die Dienstwagen für alle, die dafür berechtigt sind. Das sind zum Beispiel Vertriebsmitarbeiter, die viele auswärtige Kundentermine haben. Wir beraten sie bei der Auswahl des Dienstwagens und verwalten den gesamten dazugehörigen Prozess. Darüber hinaus organisieren wir auch den Fahrdienst für unsere Vorstände.

Redaktion: Welche Angebote gibt es bei der R+V Gruppe, um die Mitarbeiter in Sachen Mobilität zu unterstützen?

Hannes Davieds: Neben den Dienstwagen und ÖPNV-Jobtickets möchte ich vor allem die Angebote für Fahrradfahrer hervorheben. In Wiesbaden kooperieren wir mit zwei Leihfahrradanbietern: dem bundesweiten nextbike und ESWE meinRad, das auch mit Mainz verbunden ist. Darüber hinaus haben wir für unsere Mitarbeiter mit movelo ein eigenes Angebot. Dabei bieten wir auch eigene Leihfahrräder, darunter E-Bikes und ein E-Lastenfahrrad, an, damit die Mitarbeiter diese einmal ausprobieren können.

Unser Ziel ist, es den Mitarbeitern in Fahrradentfernung so leicht wie möglich zu machen, auf den Drahtesel umzusteigen.

Deshalb haben wir für unsere Fahrradfahrer neben einer ausreichenden Zahl an Abstellanlagen auch Duschgelegenheiten und Reparaturstationen. Und das Interesse ist groß!

Das haben wir dann bei unserem bundesweiten JobRad-Angebot gemerkt, wir haben in nur 22 Monaten beeindruckende 2.000 Räder geleast. Für unsere Fahrradinfrastruktur, die wir aufgebaut haben, sind wir als fahrradfreundlicher Arbeitgeber in Gold ausgezeichnet worden.

Redaktion: Bei der R+V Gruppe wird viel Wert auf Elektromobilität gelegt – wie kommt das bei den Mitarbeitern an? Wie begegnen Sie Skepsis gegenüber dieser Technologie?

Hannes Davieds: Es gibt gerade einen gewaltigen Hype um Elektromobilität. Dabei ist es aber wichtig, eine Ladeinfrastruktur zu schaffen. Wir bieten in Wiesbaden auf unserem Mitarbeiter-Parkplatz sechs Lademöglichkeiten für E-Autos. Das kann Besitzern von E-Autos sehr helfen, da es manchmal zu Hause keine Lademöglichkeiten gibt. Hierfür haben wir innerhalb der letzten drei Jahre 145 Ladekarten herausgegeben.

Auch bei den Dienstwagen sind wir sehr stark elektrisch unterwegs. 2011 gab es bei uns schon das erste elektrische Postfahrzeug in Hamburg, Ende 2014 haben wir dann bundesweit alle Fahrzeuge für Kurzstrecken elektrifiziert. Wir haben Mitarbeiter, die mit ihrem Dienstwagen eher wenig und nur kurze Strecken fahren, auf das Thema Elektromobilität angesprochen.

Mittlerweile sind 13 Prozent der Dienstfahrzeuge elektrifiziert.

Uns ist wichtig, dass wir dabei auf Nachhaltigkeit und deshalb auch auf Sinnhaftigkeit achten. Hat ein Mitarbeiter gute Möglichkeiten, ein Elektrofahrzeug zu laden, wenn er unterwegs ist? Oder ist er für ein Gebiet zuständig, bei dem es – noch – keine passende Infrastruktur gibt und ein Verbrenner die bessere Lösung ist?

Redaktion: Wie gehen Sie dabei vor?

Hannes Davieds: Wir wollen unsere Mitarbeiter bei diesem Thema überzeugen, nicht überreden. Wie gesagt, geht es um Nachhaltigkeit, nicht um ein Steuersparmodell. Wenn zum Beispiel jemand einen Hybrid bekommt, dann aber alles mit Benzin fahren muss, weil es nicht anders geht, dann erhöht das enorm den Verbrauch und ergibt keinen Sinn. Man muss bei elektrischen Fahrzeugen anders denken und planen. Einmal schnell laden funktioniert nicht mit jedem E-Auto, sondern man muss vielleicht auch mal 20 Minuten laden und eine Kaffeepause machen. Das kann ja auch entspannend sein. Und abends hat es den Vorteil, dass man nicht noch einmal schnell tanken fahren muss, sondern das Auto einfach an den Strom anschließt. Man muss da mit einer anderen Denkweise herangehen und man muss es auch wollen.

Wir veranstalten deshalb auch einmal im Jahr einen Mobilitätstag, bei dem es um alle mobilen Angebote geht. Generell beobachte ich, dass die Menschen immer aufgeschlossener werden, etwas Neues auszuprobieren – vielleicht auch durch die Erfahrungen während der Corona-Pandemie. Kürzlich hatte ich jemandem am Telefon, der erst auf keinen Fall ein E-Auto wollte und jetzt seiner Familie einen vollelektrischen Mini gekauft hat.

Redaktion: Was ist Ihr nächstes großes Projekt?

Hannes Davieds: Es gibt zwei Themen, mit denen wir uns seit einiger Zeit befassen. Zum einen Corporate-Carsharing und eine Mitfahr-App, die wir schon einmal eingesetzt haben, bis uns Corona in die Quere gekommen ist.

Zum anderen geht es um das Thema Mobilitätsbudget. Wer in Berlin, München oder Hamburg unterwegs ist, will ja vielleicht nicht unbedingt einen Dienstwagen haben, für den er sich womöglich noch extra einen Stellplatz mieten muss. Vielleicht ist der Person ein E-Bike oder Carsharing lieber?

Bei einem Mobilitätsbudget kann ein Mitarbeiter weitestgehend selbst entscheiden, welches Vehikel am besten zu ihm passt. Ein Single in München hat andere Ansprüche und Bedürfnisse als ein Familienvater in Oberaudorf.

Redaktion: Welcher mobile Trend oder Technologie hat Ihrer Meinung nach das größte Potential beziehungsweise ist für Sie am spannendsten?

Hannes Davieds: Neben dem Thema E-Mobilität ist Carsharing ein wichtiger Punkt, der sehr unterschätzt wird. Denn dieses Angebot schafft so viele Möglichkeiten je nach individuellem Bedürfnis: Wenn ich in den Baumarkt muss, nehme ich einen Sprinter, für den Ausflug in den Rheingau ein Cabrio, für die Fahrt in die Innenstadt einen Smart. Ich denke, es wird generell eine sehr starke Differenzierung nach dem individuellen Nutzen geben. Allerdings muss es auch ein entsprechendes Angebot dafür geben.

Redaktion: Wo wird die R+V Gruppe Ihrer Meinung nach in zehn Jahren in Sachen Mobilitätsmanagement stehen?

Hannes Davieds: Wir werden uns viel stärker mit Mobilitätsberatung und -vermeidung auseinandersetzen. Es gibt viele Möglichkeiten, zur Arbeit oder Dienstterminen zu kommen oder von Zuhause zu arbeiten. Wir wollen Mitarbeiter dabei unterstützen, neue Vehikel und Wege einfach mal auszuprobieren. Es gibt kein Richtig und kein Falsch. Wir wollen für unsere Mitarbeiter bedarfsgerechte Angebote stricken und sie dabei unterstützen, die für sie beste Möglichkeit zu finden.

Titelbild: © Hannes Davieds
Lisa Mayerhofer
Lisa Mayerhofer
Mitglied der NewFinance-Redaktion mit vorherigen Stationen beim Süddeutschen Verlag und Burda Forward.

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