Im ersten Teil der Reihe zur Geschichte von R+V haben wir einen Blick auf die Gründerväter und die Frühjahre geworfen. Diesmal soll es um die turbulenten Nachkriegsjahre und den Aufstieg in der digitalen Ära gehen. Welche waren die signifikantesten Eckpunkte in der Geschichte von R+V?
Der Griff nach den Sternen
Eine kurze Erinnerung vorweg: Im Jahr 1958 schließen der Raiffeisendienst und die Volksbanken sich zusammen. Dies markiert die Geburtsstunde der R+V als Verbundunternehmen und schafft die Grundlage für ein massives Wachstum. Gleichzeitig treibt das Wirtschaftswunder das Unternehmenswachstum an, die Sechziger sind geprägt vom Griff nach den Sternen. Dass dies teilweise auch buchstäblich gemeint ist, zeigt die Mondlandung von 1969. 1973 dann nennt sich das Unternehmen „Raiffeisen- und Volksbanken-Versicherung“ – kurz R+V.
Pionier der Gleitzeit
Viele Jahre lang prägt das R+V-Hochhaus mit seinen 19 Stockwerken das Stadtbild von Wiesbaden, gleich am Ende der Wilhelmstraße in der Nähe des Kurhauses. Bis jeder Mitarbeiter morgens an seinem Arbeitsplatz ist, dauert es aufgrund der begrenzten Fahrstuhlkapazitäten 30 Minuten lang. Ein Grund für R+V, schon lange vor dem Trendthema „Mobile Work“ die Arbeit in Gleitzeit einzuführen.
Ära der Öffnung
In den Neunzigern steht bei R+V alles auf Öffnung. Die Kampagne „Wir öffnen Horizonte“ begleitet das Unternehmen 14 Jahre lang und prägt sein Erscheinungsbild entscheidend. Die Botschaft dabei: R+V steht hinter der Kundschaft und hält ihr den Rücken frei. Außerdem steht eine größere Strategie wiederum hinter dieser Entscheidung. Alle genossenschaftlichen Verbundunternehmen sollen mit einer gemeinsamen Kommunikationsstrategie auftreten. Optimismus und Emotion sind die großen Schlagworte.
An anderer Stelle erfolgt ebenfalls eine große Öffnung: Nach 38 Jahren fällt die Berliner Mauer. Deutschland, schon seit dem Krieg getrennt, wächst wieder zusammen. Die neuen Bundesländer eröffnen für Unternehmen wie R+V völlig neues Potenzial. Eine bislang ungekannte Euphorie erfüllt das Land. „Darf ich auch am Samstag arbeiten?“, fragen die Arbeitnehmer plötzlich; jeder will seinen Teil dazu beitragen, um Deutschland wieder zur Stärke zu verhelfen.
„Ich kann mich erinnern, da war jeder Samstag gebucht. Und da hat keiner gefragt „Muss ich am Samstag kommen?“, da war eher die Botschaft „Darf ich am Samstag kommen? Darf ich auch mithelfen?“. Da war schon auch ein Stück Euphorie.“
Ulrich Birkenstock, Vorsitzender Gesamtbetriebsrat bei R+V
Die Kfz-Offensive
Vor diesem Hintergrund startet R+V im Herbst 1990 die „Kfz-Offensive“. In Kooperation mit dem Bundesverkehrsministerium und dem Automobilclub von Deutschland führte R+V eine Roadshow in den neuen Bundesländern durch. Das Potenzial ist gewaltig; immerhin müssen viele Neukunden ihre Trabis, Wartburgs, Ladas und Shigulis absichern. Dementsprechend lang sind auch die Schlangen in den Genossenschaftsbanken. Teils gibt es einen derartigen Andrang, dass fünf Kunden in einem Raum gleichzeitig ihre Kfz-Anträge ausfüllen. Hin und wieder gar in „Gruppenarbeit“. Ebenfalls in den Neunzigern beginnt das Kfz-Wechselgeschäft. Der Wegfall von Tarif- und Bedingungskontrolle sorgt für einen massiv steigenden Wettbewerb unter den Versicherern. Der 30. November wird zum heute bekannten Stichtag für den Wechsel.
Digitalisierung aus allen Rohren
Dann bricht mit dem Jahrtausendwechsel endgültig das Zeitalter der Digitalisierung an. Eine Erweiterung des R+V-Geländes zum „R+V-Campus“ bringt eine Namensänderung mit sich: Die R+V sitzt nun nicht mehr in der John-F.-Kennedy-Straße, sondern am Raiffeisenplatz. „Dieser R+V-Campus mit dem neuen Raiffeisenplatz ist ein Symbol für die lange gemeinsame Erfolgsgeschichte von R+V und der Stadt Wiesbaden“, sagt der damalige R+V-Chef Friedrich Caspers bei der Einweihung dazu.
„Die Digitalisierung stellte das ganze Unternehmen auf den Kopf. Wir nannten das dann das Programm „Progress“. Das war eine völlige Re-Organisation der Zusammenarbeit im Konzern. Das war die wichtigste Aufgabe, die ich hatte.“
Dr. Jürgen Förterer, Vorstandsvorsitzender R+V 1997–2006
Chancen mit Corona
Und schließlich sind wir in den wilden Zwanzigern angelangt. Die Coronavirus-Pandemie wirbelt weltweit die Wirtschaft durcheinander, verlangsamt das Wachstum, aber in jeder Krise finden sich Chancen. Und so macht R+V im digitalen Bereich einen gewaltigen Sprung nach vorn. Im Jahr 2021 brachte der Konzern zum Beispiel die digitale Gesundheitskarte heraus. Von ihren Vorteilen profitieren nun 35.000 Mitglieder der Genossenschaftsbanken, die einen Kfz-Mitglieder-Plus-Vertrag haben. Unter anderem enthält diese alle wichtigen Daten zur Kfz-Versicherung und erlaubt den Zugriff von mehreren digitalen Endgeräten aus.
Wie nah die R+V am Puls der Zeit arbeitet, beweisen unter anderem auch die Engagements im E-Sport und in Sachen Nachhaltigkeit. Weitere Informationen dazu finden Interessierte in den Beiträgen E-Sport erobert die Welt und R+V hält an ihren Klimazielen fest.
Im Video führt Professor und Moderator Guido Knopp durch die komplette Geschichte der R+V.
Titelbild: © R+V