Themen & ProdukteFirmenkundenViel (ge)Acker wenig Ertrag: Der Lagebericht zur Alterssicherung der Landwirte

Viel (ge)Acker wenig Ertrag: Der Lagebericht zur Alterssicherung der Landwirte

Auf dem Land ist die Welt noch in Ordnung. Dass das nicht zwangsläufig der Realität entspricht, fasst alle vier Jahre der Lagebericht über die Alterssicherung der Landwirte zusammen. So viel sei verraten: Zumindest die grauen Haare sind bei diesen Aussichten garantiert.

Zielgruppe Landwirtschaft

Ohne agrarwirtschaftliche Erträge funktioniert eine Gesellschaft nicht. Umso nachdenklicher stimmt es, dass die Zahl der Landwirte in Deutschland rapide sinkt. Laut landwirtschaft.de gab es im Jahr 2020 deutschlandweit 263.500 landwirtschaftliche Betriebe. Klingt nicht wenig, allerdings: Vor 25 Jahren waren es noch mehr als doppelt so viele. Zudem gilt es mehr als 83,7 Millionen deutsche Bundesbürger zu versorgen. Und damit nicht genug. Deutschland zählt weltweit zu den führenden Exporteuren für landwirtschaftliche Güter.

Mit 80,7 Milliarden US-Dollar befanden wir uns 2019 auf dem dritten Platz des globalen Rankings. Ein Trend ist jedoch zu erkennen: Zwar ist die Anzahl der Unternehmen um circa 35.600 gesunken, Großbetriebe mit einer landwirtschaftliche betriebenen Fläche von 200 bis 500 Hektar, scheinen von dieser Entwicklung nicht betroffen. Im Gegenteil. Ihre Anzahl stieg im Vergleich zum Jahr 2010 um beinahe 30 Prozent. Zum Vergleich: Der deutsche „Durchschnittshof“ verfügt über eine Fläche von rund 63 Hektar.

Der Lagebericht zur Alterssicherung der Landwirte

Um eben jene Zielgruppe im Blick zu haben, erstellt die Bundesregierung seit 1997 im Vierjahrestakt den sogenannten „Lagebericht über die Alterssicherung der Landwirte“, kurz AdL. Um für die jeweils kommenden zehn Jahre Prognosen und Modellrechnungen zur Perspektive der Finanzierung abgeben zu können, beleuchtet der Bericht die Anzahl der Versicherten, Rentenerträge sowie die Altersvorsorge der Landwirtinnen und Landwirte. In der Erhebung berücksichtigt sind aber neben den Unternehmerinnen und Unternehmern auch deren Ehegattinnen und Gatten sowie mitarbeitende Familienangehörige. Gerade in landwirtschaftlichen Betrieben ist es nicht unüblich, dass diese zugleich Familienbetrieb sind. Die Basis der Erhebung definiert der Lagebericht wie folgt:

„Die gesetzliche Grundlage bildet das Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte. Dieses Alterssicherungssystem wurde im Jahr 1957 eingeführt und ist als Teilsicherung konzipiert, da davon ausgegangen wird, dass die Versicherten ihre Altersversorgung individuell durch Altenteilansprüche und/oder eine zusätzliche freiwillige Vorsorge ergänzen.“

Diagnose: Jung und unversichert

Die Erhebung zur Sparte Versicherung deckt alle Betroffenen in einem Rahmen von 25 Jahren und jünger, bis 65 Jahre oder älter ab. Dabei fällt auf: 73 Prozent aller Versicherungsnehmerinnen und Nehmer sind 45 Jahre oder älter. Nur etwa elf Prozent sind jünger als 35 Jahre. Zudem stellt der Bericht fest:

„Der Personenkreis der 65-Jährigen und Älteren hat sich erneut erweitert (Jahresende 2020: insgesamt 2.227, Jahresende 2016: insgesamt 1.468). Die wesentliche Ursache für diesen Anstieg ist die schrittweise Anhebung der Altersgrenze für die Regelaltersrente von 65 auf 67 Jahre seit dem Jahr 2012.“

Insgesamt ist die Zahl der Versicherten seit dem Jahr 2017 um rund 15 Prozent rückläufig. Grund für die Befreiung aus der Versicherungspflicht ist oft eine prekäre wirtschaftliche Lage oder der Zuverdienst durch eine Tätigkeit außerhalb der Landwirtschaft.

Gerade beim Thema Altersvorsorge muss der Staat immer stärker unter die Arme der Agrarwirtinnen und -Wirte greifen. Auf Grund sinkender Alterssicherungseinnahmen (536 Millionen Euro in 2020), trägt der Bund als Differenz zu den Ausgaben inzwischen über 80 Prozent der Ausgaben mithilfe von Steuermitteln.

Im Alter familiär stabil, finanziell weniger

Für agrarwirtschaftlich Tätige betrug die durchschnittliche Rentenhöhe Mitte des Jahres 2021 514 Euro. Ehegattinnen und Gatten erhielten 308 Euro. 192 Euro entfielen auf Vorsorgeberechtigte/mitarbeitende Familienangehörige. Jeweils 365 Euro betrug der durchschnittliche monatliche Zahlbetrag im selben Zeitraum für Renten wegen Erwerbsminderung. Für einen vorzeitigen Renteneintritt standen Betroffenen monatlich rund 403 Euro im Monat zu, während Verwitwete mit einer Zahlung von 97 Euro (Witwer) bis 350 Euro (Witwen) rechnen konnten. Letzteres entspricht beispielsweise gegenüber 2017 einem Rückgang um rund 7,7 Prozent.

Prognose: Weiterackern bis zur (niedrigen) Rente

Die wichtigsten Ergebnisse der Modellrechnungen für die kommende Dekade fasst der Lagebericht wie folgt zusammen:

  • In der AdL setzt sich der Rückgang der Beitragszahler in den nächsten zehn Jahren mit rund 3,0 Prozent pro Jahr weiter fort. Gleichwohl ist in diesem Zeitraum noch mit steigenden Beitragseinnahmen in Höhe von jahresdurchschnittlich 1,5 Prozent zu rechnen.
  • Der seit über zehn Jahren rückläufige Rentenbestand wird weiter abnehmen. In den kommenden zehn Jahren wird ein Rückgang um 0,7 Prozent pro Jahr erwartet. Trotzdem steigen die Rentenausgaben bis 2027 jährlich durchschnittlich um 0,7 Prozent. Diese unterschiedliche Entwicklung ist auf die künftigen Rentenanpassungen zurückzuführen, deren Höhe aus der gesetzlichen Rentenversicherung übernommen wird.
  • Im Ergebnis fällt der nominale Anstieg der Rentenausgaben dennoch etwas stärker aus als der Anstieg der Beitragseinnahmen, da das Volumen der Beitragseinnahmen deutlich geringer ist als das der Rentenausgaben. Gemäß § 78 ALG trägt der Bund den Unterschiedsbetrag zwischen den Einnahmen und den Ausgaben der AdL. Der Bundeszuschuss wird von rund 2,35 Mrd. Euro im Jahr 2021 bis 2031 auf rund 2,46 Milliarden Euro leicht steigen. Wie der Lagebericht zeigt, ist im Bereich der Landwirtschaft auch in den nächsten zehn Jahren als Folge des nach wie vor anhaltenden Strukturwandels mit einem deutlichen Rückgang der Beitragszahler zu rechnen.

Das macht die Landwirtschaft zu einem durchaus anspruchsvollen Sektor für die Versicherungswirtschaft, zeigt jedoch auch, dass – nicht zuletzt auf Grund äußerer Umstände – die Unterstützung wichtiger ist denn je.

Titelbild: © StockPhotoAstur/stock.adobe.com
Stephanie Gasteiger
Stephanie Gasteiger
Mitglied der NewFinance-Redaktion mit beruflichem Hintergrund in der PR und Wurzeln am Chiemseeufer. Ist ganz nach Friedrich Nietzsche davon überzeugt, dass die Glücklichen neugierig sind. Und ebenso umgekehrt.

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