Trends & TippsNachtigall oder Lerche? (Wie) lässt sich an der inneren Uhr drehen?

Nachtigall oder Lerche? (Wie) lässt sich an der inneren Uhr drehen?

Die Ernüchterung gleich zu Beginn: Ob jemand ein Morgen- oder Nachtmensch ist, ist genetisch festgeschrieben. Doch wie gelingt es auch der Nachtigall ganzjährig den Tag produktiv zu gestalten?

Fremdbestimmtes Zeitgefühl

Angenehm kühle 16 Grad Celsius um 6 Uhr Morgens, die ersten warmen Sonnenstrahlen im Gesicht. Wer würde da nicht gerne in aller Ruhe in den Tag starten, wenn zudem ein früher Feierabend lockt, der sich bei Temperaturen jenseits der 30 Grad am See verbringen lässt?

Während es den meisten im Sommer nicht schwer fällt, früh aufzustehen, wird vor allem in den Herbst- und Wintermonaten deutlich, wer zur Fraktion Morgenmensch gehört. Sie legen einen erfolgreichen Frühstart hin, haben vor dem ersten Kundentermin bereits eine morgendliche Sporteinheit absolviert, die Wäsche gewaschen oder einfach nur den ersten Kaffee in aller Ruhe genossen. Der abendlichen Müdigkeit geschuldet halten sie auch ihre Schlafenszeiten ein. Diese Produktivität klingt verlockend, ist in der Praxis aber nicht für jeden so leicht umzusetzen. Denn ob Nachtigall oder Lerche hängt von der inneren Uhr ab. Und die bestimmen unsere Chronotypen.

Die eigene Zeitrechnung der innere Uhr

Die innere Uhr, oder besser unser Biorhythmus, ist abhängig von Alter und Genen und bestimmt beispielsweise auch unsere Körpertemperatur oder den Blutdruck. Daran unter anderem gekoppelt: das Müdigkeitsempfinden. Verantwortlich für den Schlaf-Wach-Rhythmus ist das Tageslicht. Durch das Licht am Morgen schüttet der Körper wachmachendes Cortisol aus. Bei Einbruch der Dunkelheit nimmt das Hormon Melatonin zu. Die Konsequenz: Wir werden müde.

Im Alter ändert sich der Hormonhaushalt, wodurch sich auch Wach- und Müdigkeitsgefühl ändern. Und wer kennt es nicht aus dem Umfeld oder sogar eigenen Erfahrungen? Während sich in der Jugend problemlos die Nächte durchfeiern oder ja, auch arbeiten lassen, neigen ältere Menschen dazu, früh aufzustehen.

Jetlag ganz ohne Reise

Besonders herausfordernd ist die Anpassung des Rhythmus während der Zeitumstellungen. Und das nicht nur für Nutzvieh wie Milchkühe. Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag der DAK-Gesundheit aus dem März 2021 litt jeder dritte Deutsche schon einmal unter der Zeitumstellung. Während 85 Prozent Müdigkeit oder Erschöpfung verspürten, litten 70 Prozent unter Schlafstörungen und knapp die Hälfte der Befragten (48 Prozent) unter einer schlechteren Konzentration. Die Konsequenz: Ein anhaltendes Gefühl von Jetlag. Besonders die weiblichen Studien-Protagonistinnen klagten über eine erschwerte Umstellung des Biorhythmus.

Ein weiteres Fazit der Studie von Franziska Kath, Diplom-Psychologin der DAK-Gesundheit: „Durch die Corona-Pandemie sind viele Menschen psychisch bereits in einer angespannten Situation“. Das erschwerte vielen Befragten zusätzlich die Anpassung an die jeweils neue Zeitrechnung. Beliebt war sie noch nie, inzwischen sind jedoch entsprechend rund drei Viertel der Deutschen für die Abschaffung der Zeitumstellung.

Wer hat an der Uhr gedreht?

Wer sich jetzt denkt „ach papperlapapp, ich stehe dann auf, wenn der Wecker klingelt“, dem raten wir seine – grundsätzlich lobenswerte – Haltung nochmals überdenken. Denn: Seine innere Uhr sollte niemand ignorieren. Denn: Egal ob mit oder ohne Zeitumstellung, der Biorhythmus stellt sich nicht ad hoc um. Das beweist eine Studie des Chronobiologen der Ludwigs-Maximilian-Universität, Till Roenneberg. Dieser zufolge sind chronische Folgen des selbst erzwungenen Schlafdefizits möglicherweise mentale Erkrankungen wie Depressionen, Schlafstörungen oder auch körperliche Leiden an Magen oder Herz.

Gadgets und Routine

Trotz dessen gibt es aber durchaus eine Handvoll Möglichkeiten, etwas am Zeiger der eigenen Uhr zu drehen, um die Produktivität zu fördern. Und auch hier halten wir uns zunächst an Roenneberg. Dieser plädiert nämlich für flexible Arbeitszeiten. Warum also nicht den Arbeitstag dem Biorhythmus anpassen? Überlasst Kundentermine um acht Uhr morgens beispielsweise den Kollegen und vereinbart stattdessen After-Work Beratungen. Auch die Produktivität der „Eulen-Mitarbeiter“ kann durch ein entsprechendes Zugeständnis gesteigert werden.

Des weiteren: Holt euch technische Gadgets wie einen Lichtwecker zur Hilfe. Durch das simulierte Tageslicht startet der Körper ausgeruhter ein den Tag. Das künstliche blaue Licht von Fernseh- oder Smartphone Bildschirmen sorgt am Abend hingegen für eine innere Unruhe, die wach hält. Besser: Ein Buch vor dem Einschlafen lesen.

Auch Bewegung hilft dem Körper, in Gang zu kommen. Hier ebenfalls der Knackpunkt: Tageslicht. Wer morgens früher aufwachen und abends leichter einschlafen möchte, sollte besonders den Vormittag nutzen, um so viel Zeit wie möglich im Tageslicht zu verbringen. Und es muss ja nicht immer gleich Frühsport sein. Warum nicht das Kundentelefonat oder ein Businessmeeting nach draußen verlegen. Beim Spaziergang kam schließlich auch schon so manch Intellektuellem ein guter Einfall.

Und last but not least: Eine disziplinierte Ernährung unterstützt ebenfalls die innere Uhr zu programmieren. Durch regelmäßige Mahlzeiten – im wahrsten Sinne zur jeweils gleichen Zeit. Zudem förderlich für einen guten Schlaf: Kein fettes oder schweres Essen unmittelbar vor dem zu Bett gehen.

Übrigens: Dem klinischen Psychologen und Bestseller Autoren Jordan Peterson zu Folge ist es für die eigene Routine deutlich entscheidender, morgens täglich zur gleichen Uhrzeit aufzustehen, als immer zur selben Zeit ins Bett zu gehen.

Die gute Nachricht zum Schluss: Zwar hat so gut wie jeder eine Tendenz, Morgen- oder Nachtmensch zu sein, in der Regel sind die meisten Menschen aber eine Mischung aus Nachtigall und Lerche. Jeder hat mal einen produktiven Frühstart, ebenso wie wohl auch die meisten bereits Überstunden bis weit in die Nacht geschoben haben.

Titelbild: © Studio Romantic/stock.adobe.com

Stephanie Gasteiger
Stephanie Gasteiger
Mitglied der NewFinance-Redaktion mit beruflichem Hintergrund in der PR und Wurzeln am Chiemseeufer. Ist ganz nach Friedrich Nietzsche davon überzeugt, dass die Glücklichen neugierig sind. Und ebenso umgekehrt.

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