Themen & ProdukteWohlstand in Deutschland: Eigenwahrnehmung gegen Fremdwahrnehmung

Wohlstand in Deutschland: Eigenwahrnehmung gegen Fremdwahrnehmung

Massive Kostensteigerungen treffen auf eine knappe Nachfrage. Für Deutsche ist das Leben derzeit so teuer wie seit Langem nicht mehr. Doch wie düster sieht es tatsächlich aus?

Wohlstand in Deutschland in der Eigenwahrnehmung

Der deutsche Wohlstand bröckelt. Das ist zumindest die Einschätzung vieler Deutscher, wie der Nationale WohlstandsIndex für Deutschland (NAWI-D) zeigt. Der Indikator misst den subjektiv empfundenen persönlichen Wohlstand der Deutschen seit 2012. Zwischen Dezember 2021 und 2022 brach der Anteil derjenigen, die ihren Wohlstand als hoch einschätzen, von 54 Prozent auf 47 Prozent der Befragten ein. Einen so deutlichen Rückgang hatte es laut dem Deutschen Institut für Altersvorsorge (DIA) noch nicht einmal während der Coronavirus-Pandemie gegeben. 

Dem DIA zufolge ist vor allem die durch den Ukraine-Krieg verstärkte Inflation für viele Menschen deutlich spürbar. Ein Ende ist noch nicht in Sicht.

Finanzielle Sorgen auf dem Vormarsch

Weiterhin befragte der WohlstandsIndex die Deutschen nach ihren finanziellen Sorgen. Das Ergebnis: Auch hier war ein deutlicher Anstieg derer zu beobachten, die sich für weniger gut aufgestellt hielten. 42 Prozent der Deutschen gaben an, keine finanziellen Sorgen zu haben – von vormals 56 Prozent im Jahr 2021. Nurmehr knapp ein Drittel hat genügend Rücklagen angespart, um sich materielle Wünsche erfüllen zu können. Das zeigt: zumindest in der subjektiven Einschätzung geht es den Deutschen finanziell schlechter als noch im Winter vor der russischen Invasion. 

Ein Blick von außen

Und wie blickt das Ausland auf Deutschlands Reichtum? Viele der ausländischen Medien, die sich mit den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf Deutschland befassen, zitieren entweder deutsche Institutionen oder Politiker. So zum Beispiel der US-amerikanische Sender CNN, der sich auf Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck bezog und angab, Deutschland werde „durch den Krieg ärmer“. 

In den sozialen Netzwerken, etwa auf YouTube, gilt Deutschland für andere Nationen immer noch als das reichste Land der EU und ein industrielles Powerhouse. Für britische Broadcasting Corporation (BBC) besteht daran ebenfalls kein Zweifel. Im Gegenteil: Allein die rapide Fertigstellung der Flüssiggas-Terminals, die die Nation vom russischen Gas unabhängig machen sollen, zeige, welche Kräfte das Land freisetzen könne – wenn es mal seine „berüchtigte Bürokratie“ ein wenig zurückschraube.

„Projekte wie dieses würden normalerweise Jahre brauchen, aber die Regierung hat für eine Komplettierung in unter 200 Tagen gesorgt“, berichtete die BBC.

Fünf weitere Terminals sollen innerhalb des laufenden Jahres fertiggestellt werden. Ohne das Gas stehen große Teile der heimischen Wirtschaft vor dem Aus. 

„Deutschland ist ein ökonomisches Schwergewicht – was es will, bekommt es meistens.“

Von BIP und Inflation

Die Zahlen zeigen dagegen deutlich, wie teuer viele Waren und Dienstleistungen im Kriegsverlauf geworden sind. Das geht beim Bruttoinlandsprodukt los: minus 0,2 Prozent im vierten Quartal. Vor allem die privaten Konsumausgaben, die die Wirtschaft vorher gestützt hatten, ließen zum Jahresende leicht nach. Allerdings sei im Vergleich zum Vorjahresquartal ein leichtes Plus bemerkbar. Das berichtete das Statistische Bundesamt (Destatis). Bei den Energieprodukten ist die Entwicklung ähnlich. Die Erzeugerpreise für Erdgas, Strom und Mineralöle sind wesentlich höher als vor Kriegsbeginn. Allerdings stehen die Barometer für Temperatur, Speicherfüllstände, Situation in den Nachbarländern sowie bei der Beschaffung von Regelenergie der Bundesnetzagentur auf „Stabil“. 

Zwar ist die Inflation nach wie vor hoch, doch auch die Großhandelspreise lassen hoffen. Nach aktuellen Zahlen stand ihr Wachstum im Januar bei plus 10,6 Prozent. Das bedeutet zum vierten Mal in Folge eine monatliche Abschwächung. Wichtig ist das vor allem darum, weil der Großhandelspreis als Frühindikator gilt, der die Preisentwicklung in vorgelagerten Bereichen anzeigt. Später wird sich das in den Verkaufspreisen der Abnehmer dieser Großhandelswaren niederschlagen – und damit auch beim Endverbraucher. 

Das bedeutet: Es besteht Hoffnung. Wie die Zukunft aussehen kann, hat R+V in der aktuellen Zukunftsstudie versucht herauszufinden. Alle Details dazu gibt es in diesem Beitrag.

Titelbild: © wernerimages / stock.adobe.com

Lars-Eric Nievelstein
Lars-Eric Nievelstein
Hat Kunstgeschichte und Literatur studiert. Schreibt gerne. So gerne, dass er sich sowohl in der NewFinance-Redaktion als auch in der Freizeit damit beschäftigt. Und sollte er mal nicht schreiben, interessiert er sich für E-Sport, Wirtschaft und dafür, wer gerade an der Börse abrutscht.

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