Die letzten Wochen und Monate waren für Vermittler mit einem größeren Bestand an Gebäudeversicherungen alles andere als ein Zuckerschlecken. Denn fast alle Gesellschaften haben im Bestand deutlich den Beitrag angepasst. Ein Trend, der sich 2023 fortsetzen kann.
Grund für Erhöhung oft unklar
Die meisten Gebäudeversicherungen berechnen die Prämie nach dem Wert 1914, eine Referenz zu den Kosten, die ein vergleichbares Gebäude 1914 gekostet hätte. Dieser Wert wird zur Prämienberechnung herangezogen. Nehmen wir mal 2 Promille von einem 1914er-Wert von 20.000 Mark: Das wären also 40 Mark Jahresbeitrag für die Immobilie. Kann natürlich heute keiner mehr zahlen, deswegen muss der Beitrag von 1914 in das Jahr 2023 „übersetzt“ werden. Dafür gibt es den sogenannten Anpassungsfaktor. Der wird einfach mit dem Mark-Wert multipliziert und man hat die Prämie von 2023. Aktuell liegt der Anpassungsfaktor bei 24,06, so dass ein Jahresbeitrag von 962,40 Euro fällig wird, nach 838,80 Euro und einem Anpassungsfaktor von 20,97 im Jahr 2022. Macht ein Plus von knapp 15 Prozent.
Was ist der Anpassungsfaktor?
Der Anpassungsfaktor verändert sich jedes Jahr, immer mit Wirkung für alle Verträge, die ab dem 1. Januar beginnen. Er berechnet sich auf Basis zweier Indizes:
- Zum einen wird der „Baupreisindex für Wohngebäude“ herangezogen. Für 2023 ist es der aus dem Mai 2022. Er fließt zu 80 Prozent in den Anpassungsfaktor ein.
- Zum anderen ist es der „Tariflohnindex für das Baugewerbe“ für das 2. Quartal des Vorjahres – für 2023 also das 2. Quartal 2022. Er fließt zu 20 Prozent in die Ermittlung des Anpassungsfaktors ein.
Beitragserhöhung zusätzlich möglich
Im Wechsel von 2022 auf 2023 gab es zudem bei manchen Versicherern noch ganz „normale“ Beitragserhöhungen wegen gestiegener Kosten. Kommen die zu den 15 Prozent hinzu, dann kann der Beitrag schnell um die 25 bis 40 Prozent steigen, die in diesem Herbst zu beobachten waren.
Glück gehabt?
Manche Kunden mit einer Hauptfälligkeit vor dem 1.1.2023 können sich freuen, dass Sie für 2022/2023 noch nicht von einer Beitragsanpassung betroffen waren. Allerdings wird der Versicherer diese dann mit der Hauptfälligkeit für 2023/2024 nachholen – und der Anpassungsfaktor (und damit auch der Beitrag) kann dann natürlich noch einmal gestiegen sein!
Beitragserhöhungen einmal nachrechnen
Unangenehm ist es im Gespräch mit dem Kunden, wenn der Vermittler die Beitragserhöhung nicht plausibel erklären kann und die Antwort auf die Frage offen bleibt, wie hoch die Erhöhung denn jetzt tatsächlich ist und wie sie zustande kommt. Das geschieht vor allem dann, wenn der Beitrag stufenweise berechnet wird, also zum Beispiel vom Ausgangsbeitrag ein Abzug für das Gebäudealter und die Selbstbeteiligung erfolgt und dann die Beitragserhöhung aufgeschlagen wird. Vor dem Kundengespräch zu einer Erhöhung also unbedingt das Berechnungsschema verinnerlichen! Nichts ist schlimmer, als bei einem ohnehin schon verstimmten Kunden seine Zahlen nicht parat zu haben.
Was tun als Vermittler?
Die große Welle der Erhöhungen dürfte jetzt erst einmal durch sein. Im kommenden Jahr kann man nur dazu raten, proaktiv nach Alternativen zu schauen, bevor der Kunde das selbst in die Hand nimmt. Wer als Vermittler frühzeitig ein Vergleichsangebot unterbreitet, der läuft auch nicht Gefahr, mit einem verärgerten Kunden diskutieren zu müssen. Denn alleine die Erhöhung wegen des gestiegenen Anpassungsfaktors löst ja kein Sonderkündigungsrecht aus; der Kunde kommt also aus dem teureren Vertrag nicht einfach raus. Gibt es keine Option zum Wechsel des Versicherers, kann die Vereinbarung einer Selbstbeteiligung dabei helfen, den Beitrag deutlich zu senken. Der Vermittler sollte den Kunden dahingehend beraten und am besten bereits einen Vorschlag mit ins Gespräch nehmen.
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